Unter dem Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit sollten bestehende intralogistische Systeme, Prozesse und Materialflüsse beibehalten werden. „Neben der optimalen Nutzung der vorhandenen Räumlichkeiten galt es die Erweiterung so zu planen, dass sie im laufenden Betrieb erfolgen konnte. Unser Geschäft durfte durch die Arbeiten zu keinem Zeitpunkt beeinträchtigt werden“, schildert Harald Horstmann, Vice President Publisher bei Arvato Supply Chain Solutions, eine der wesentlichen Herausforderungen des Projekts.
Insgesamt vollzog sich das Projekt in drei Schritten:
Um die geplanten Erweiterungen umsetzen zu können, musste zunächst der Auftragsstart im Altsystem verlagert und weitergehend automatisiert werden.
In einem zweiten Schritt erfolgte dann die direkte fördertechnische Anbindung des vollautomatischen Hochregallagers sowohl an die bestehenden wie auch an die zukünftigen Lager- und Kommissioniersysteme.
Der dritte und wichtigste Projektschritt war schließlich die Errichtung des Shuttle-Lagers inklusive der angebundenen Arbeitsplätze.
„Die physische Integration und Tests im Zusammenspiel mit dem neuen System haben wir zusammen mit der VVA hauptsächlich an Wochenenden umgesetzt, ebenso wie den Auf- und Umbau sowie die Ergänzung der Fördertechnikanlage“, erinnert sich Martin Nagler, Projektleiter seitens SSI SCHÄFER.
SSI SCHÄFER entwickelte für Arvato SCS ein modulares Konzept einer hochdynamischen Systemlösung.
„Der Lagerkubus für das neue Shuttle-Lager befindet sich in einem 24 m hohen Anbau an das Hochregallager und ist nach der patentierten 3D-MATRIX Solution von SSI SCHÄFER konzipiert. Damit erhält Arvato SCS eine zukunftsfähige Lösung für die automatisierte Lagerung, Pufferung und integrierte Sequenzierung der Auftragsabwicklung. Durch die Entkopplung der einzelnen Prozesse auf den horizontalen und vertikalen Achsen werden Engpässe, z. B. bei der Ein- und Auslagerung, vermieden“, erklärt Martin Nagler von SSI SCHÄFER.
Heute sorgen 84 eingebundene Einebenen-Shuttles vom Typ SSI Flexi für effiziente Ein- und Auslagerungsprozesse. Die innovative Shuttle-Technologie mit Superkondensatoren als Energiespeicher bietet maximale Performance bei höchster Energieeffizienz. Für möglichst hohe Kommissionierleistungen ist jeder Arbeitsplatz über Fördertechnik mit entsprechenden Liften verbunden, die von den Shuttle-Fahrzeugen bedient werden. Die 20 integrierte Lifte ermöglichen schnelle Materialflüsse auf der vertikalen Systemebene. Das System erweitert die Kapazitäten von Arvato SCS im Bereich der automatisch ad hoc verfügbaren Artikelbehälter insgesamt auf über 60.000 Plätze und erhöht die Zahl der Ware-zur-Person-Kommissionierstationen um 60%. Jeder Arbeitsplatz hat Zugriff auf das gesamte Artikelspektrum der 3D-MATRIX Solution. Pro Station können bis zu vier Aufträge parallel gemäß einer One-Stop-Pick Solution direkt in Versandkartons kommissioniert werden. Kann ein Auftrag bereits in dieser Zone fertigstellt werden, wird er direkt in den Versandfertigstellungsbereich transportiert. Dort druckt der Mitarbeiter die Auftragspapiere, füllt vorhandene Leerräume im Karton mit Packmaterial aus und klebt das Versandlabel auf den Karton, der dann auf der Förderstrecke in Richtung Warenausgang transportiert wird. Dies ermöglicht kurze Durchlaufzeiten der Aufträge.
„Diese Lösung garantiert uns maximale Flexibilität und Leistung. Genau da hat SSI SCHÄFER den Unterschied gemacht und uns das beste Verhältnis von Leistung zu Fläche angeboten. Unsere Ziele, Produktivität und Durchsatz zu erhöhen, konnten wir mit der innovativen und vor allem platzsparenden Lagerlösung voll und ganz erreichen“, resümiert Harald Horstmann zufrieden.
Die Erweiterung des bestehenden Logistiksystems ist das Folgeprojekt einer Automatisierungslösung, die SSI SCHÄFER bereits 2006 für Arvato SCS realisierte.
Damals entstanden in Gütersloh
- ein 4-gassiges automatisches Kleinteilelager mit 24.000 Behälterstellplätzen
- eine Fachbodenregalanlage mit 14.000 Stellplätzen
- 24 SSI Carousel Systeme mit rund 26.000 Behälterstellplätzen zur hochdynamischen Einzelteilkommissionierung.
„Die maßgeschneiderte Hochleistungsanlage mit ihren ergonomischen Ware-zur-Person-Kommissionierplätzen hat sich über 14 Jahre bewährt und ist mit den Herausforderungen und unserem Geschäft mitgewachsen. Aufgrund der steigenden Nachfrage und den Veränderungen in der Auftrags- und Artikelstruktur benötigten wir jedoch eine Erweiterung der bestehenden Kapazitäten um eine platzsparende und energieeffiziente Lager- und Kommissionierlösung. Basierend auf der langjährigen Partnerschaft konnte SSI SCHÄFER eine hinsichtlich Raumeffizienz, Kapazität und Leistung optimierte, zukunftsfähige Lösung realisieren“, erklärt Harald Horstmann.
Neben der Leistung und Flexibilität der Anlage lag ein Schwerpunkt auch auf der Ergonomie der Arbeitsplätze. Die VVA hat mit seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, SSI SCHÄFER, der TU Darmstadt und dem Startup cellumation ein entsprechendes Konzept erarbeitet. Die Lösung sind spezielle Arbeitsplätze, bei denen Quell- und Zielbehälter auf einer Ebene angedient und von den Kommissioniererinnen und Kommissionierern ergonomisch bearbeitet werden können. Die neuen Arbeitsplätze auf dem Shuttle-Lager sind somit multifunktional und ermöglichen neben der Auftragszusammenstellung insbesondere auch die Retourenrücksortierung der Ware. Zur weiteren Steigerung der Ergonomie und zur Optimierung der Arbeitsumgebung setzen die Partner bei der Lösung u.a. auf individuell einstellbare Arbeitshöhen, eine ergonomische Anordnung der Bedienelemente, eine optimale Präsentation der Informationen und berührungsfreundliche Materialien.
„Im Rahmen unserer sozialen Verantwortung wollten wir die bestmögliche Ergonomie und eine möglichst angenehme Arbeitsumgebung schaffen. Denn was nützt das leistungsfähigste System, wenn die Mitarbeiter schnell ermüden oder sogar gesundheitlich gefährdet werden? Auch bei der Beleuchtung sind wir neue Wege gegangen, so wird z.B. die Lichtfarbe dem Tagesrhythmus angepasst“, betont Harald Horstmann.