Die Kunst, cool zu bleiben
... auch wenn es in der Tiefkühl- und Frischelogistik hitzig zugeht
Der Lebensmittelhandel stellt Intralogistik-Spezialisten vor immer anspruchsvollere Aufgaben.
Konsumententrends wie E-Commerce und Home Delivery nehmen zu.
Eine höchst effiziente Omnichannel-Logistik zählt zu den Kernherausforderungen der Zukunft.
Immer öfter lässt sich ein volatiles Nachfrageverhalten beobachten – nicht zuletzt durch die COVID-19-Pandemie.
Vor allem im Bereich Frischelogistik stehen spezielle Anforderungen auf der Tagesordnung. Die Frischelogistik umfasst zum einen Frischfisch-, Molkerei-, Gemüse- und Obsttransporte aus Ländern auf der ganzen Welt und zum anderen Tiefkühltransporte bis zum Verbraucher – und das immer in kürzester Zeit. Tiefkühl- und Frischeprodukte erfordern eine ununterbrochene Kühlung, um ihre maximale Haltbarkeitsdauer aufrechterhalten zu können. Das schließt selbstverständlich auch die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften rund um die Kühlkette von Lebensmitteln mit ein.
Marktzahlen: Die wichtigsten Fakten auf einen Blick
Im Lebensmittelmarkt:
EU-Marktzahlen (Quelle: www.statista.com):
2021 wird der Umsatz im Markt „Lebensmittel“ etwa 1.560 Mrd. Euro betragen. Laut Prognose wird 2025 ein Marktvolumen von 1.610 Mrd. Euro erreicht, was einem jährlichen Umsatzwachstum von 0,8 % entspricht.
2021 werden rund 1,2 % der gesamten Konsumausgaben für Lebensmittel, Getränke und Tabakwaren auf E-Commerce entfallen, 2022 wird der Anteil voraussichtlich auf 1,3 % steigen. Mit dem wachsenden Marktvolumen steigen auch die Anforderungen an E-Commerce- und Omnichannel-Strategien rasant an.
Im Tiefkühlmarkt:
Tiefkühlmarkt (Quelle: lebensmittelmagazin, März 2020):
März 2020: Vor 90 Jahren erlebte Tiefkühlkost ihre Geburtsstunde. Am 6. März 1930 waren in einem kleinen Lebensmittelgeschäft in den USA zum ersten Mal tiefgekühlte Produkte erhältlich. Möglich machte das die sogenannte Schockfrostung, eine der größten Innovationen in Sachen Haltbarmachung von Lebensmitteln.
Laut UnivDatos Market Insights (UMI) wird der Wert des globalen Tiefkühlkostmarktes von 232 Mrd. US-Dollar im Jahr 2019 bis 2026 auf 320 Mrd. US-Dollar steigen.
Deutschland-Markt:
In Deutschland verbreitete sich die innovative Methode der Schockfrostung während der Wirtschaftswunderjahre in den 1950er-Jahren. Heutzutage bieten die deutschen Supermärkte den Endkonsumenten in ihren Tiefkühltruhen bundesweit mehr als 17.000 gefrorene Artikel an. 2019 wurden in Deutschland mit Tiefkühlkost insgesamt rund 15,36 Mrd. Euro umgesetzt (Quelle: statista.com).
Frischer Wind in der Intralogistik
Große logistische Herausforderungen erfordern intralogistische Meisterleistungen, die sich in innovativen Lösungen und laufend optimierten Prozessen im Lager zeigen. Diese sind besonders dann gefragt, wenn es um Waren geht, deren Kühlkette nicht unterbrochen werden darf, weil es sich bei ihnen um verderbliche Lebensmittel handelt. Automatisierte Kühllager mit mehreren Temperaturzonen benötigen unter anderem eine Echtzeit-Überwachung von Lagereinrichtungen, Türen, Laderampen und Kompressoren, die eine effiziente Nutzung und Zuweisung von Ressourcen gewährleistet. Innerhalb dieser Einrichtungen kommt dem Management der Betriebskosten größte Bedeutung zu.
Mit der ständigen Temperaturkontrolle im Kühlhaus ist der Job noch lange nicht erledigt. Denn die Einhaltung sämtlicher Vorschriften im Umgang mit Lebensmitteln hat ebenfalls höchste Priorität. 100-prozentige Lebensmittelsicherheit spielt vor allem aus zwei Gründen eine entscheidende Rolle: erstens, um Verunreinigungen von Lebensmitteln und Rückrufen vorzubeugen. Und zweitens, um die Rückverfolgbarkeit bei Rückrufen zu verbessern. Folgende Maßnahmen sind in jedem Kühllager ausnahmslos zu befolgen: Einhaltung von Temperaturanforderungen, Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Materialhandhabung und Verhinderung von Kreuzkontaminationen.
Die beiden Treiber Omnichannel und E-Commerce machen diese grundlegenden Herausforderungen zu noch größeren: Omnichannel umfasst das Planen, Steuern und Kontrollieren aller verfügbaren Vertriebskanäle und Kundenkontaktpunkte (Customer Touchpoints), die in der Lebensmittellogistik eine immer wichtigere Rolle spielen. Und E-Commerce ist Teil dessen und in unserem Alltag gar nicht mehr wegzudenken – egal ob automatisiert oder IT-seitig getrieben.
Aus diesem Grund führt in komplexen Lebensmittel-, Kühl- und Tiefkühllagern kein Weg mehr an modularen Lager- und Logistiksystemen zum Lagern, Fördern, Transportieren und Kommissionieren vorbei. Sie sind gemeinsam mit einer leistungsstarken Warehouse Management Software (WMS) der Schlüssel zum Erfolg, um den vielfältigen Anforderungen voll und ganz gerecht zu werden.
Apropos WMS:
Um die verschiedensten Bedürfnisse unserer Kunden erfüllen zu können, führen wir sehr oft gemeinsam mit ihnen auch Plattform-Diskussionen durch, zum Beispiel wenn ein Kunde mehrere ERP-Systeme und ein bis n Lagerstandorte hat oder ein Omnichannel Fulfillment Center zu bedienen hat. Hier kann es dann sinnvoll sein, eine Plattform als Zwischenschicht einzurichten, in der alle Bestände der Lagerstandorte zentral verwaltet werden können. Doch damit ist es noch nicht getan, denn es geht auch um die Optimierung des gesamten Lagers sowie aller Prozessschritte. Bereits jetzt verfügt unsere Software WAMAS® über viele Algorithmen, die durch eine Optimierung der Auftragsreihenfolge Zeiteffizienz erwirken.
Temperaturdaten, Produkt-Barcode-Informationen und andere kritische Datensätze der eingesetzten Software-Tools können aggregiert werden und stellen sicher, dass verderbliche oder gefrorene Lebensmittel in der gesamten Lieferkette den gesetzlichen Vorschriften entsprechen und dass die Sendungen durchgängig verfolgt werden können.
Zu den vielen Vorzügen eines WMS zählen unter anderem die Bestandsverwaltung und -transparenz in Echtzeit. Aufgrund der Vielfalt der Lagerbestandseinheiten und der temperatursensiblen Attribute (zum Beispiel Hersteller, Chargennummer, Mindesthaltbarkeitsdatum) ist sowohl eine angemessene Produktverfolgung als auch eine smarte Entscheidungsfindung bei der Auftragsabwicklung erforderlich. Beides trägt dazu bei, Betriebskosten zu senken und gleichzeitig Bestellungen für eine schnelle und erfolgreiche Lieferung zu bearbeiten.
Ein Trend in Richtung künstliche Intelligenz (KI) ist deutlich sichtbar. Steht zum Beispiel ein LKW im Stau, tritt eine mechanische Einschränkung in der Anlage auf oder findet vielleicht gerade eine Peak-Situation statt, dann ändert sich umgehend die jeweilige Auftragsstruktur. Für solche Szenarien kann man die Parametrierung nicht mehr spontan manuell anpassen. Und in diesen Fällen zeigt sich das beeindruckende Potenzial der KI-Methodik, indem sie genau auf diese Veränderungen zeitnah reagiert und Strategien sowie Parameter anpasst.
Automatisierungssysteme von SSI SCHÄFER
Die Integration eines WMS mit automatisierten Systemen, wie zum Beispiel Regalbediengeräten und Transportsystemen, sorgt für eine höhere Effizienz bei der Kommissionierung temperaturempfindlicher Produkte. Sollte es zu einem Produktrückruf kommen, können diese automatisierten Lösungen schnell die betroffene Charge oder das betroffene Los abrufen.
Nebenwirkungen der COVID-19-Pandemie
Die Coronavirus-Pandemie wirkt sich selbstverständlich auch auf Kühlketten-Vertriebszentren, ihre Lieferanten und Kunden aus. Zahlreiche Unternehmen waren und sind nach wie vor gezwungen, Maßnahmen zum Schutz ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vorzunehmen. Sie reichen von der Arbeit in versetzten Schichten oder in sozialer Distanzierung bis hin zur Remote-Arbeit.
Während der Großteil des Personals seine Arbeit vor Ort verrichtet, nutzen Kühlhäuser ihr WMS, um die Belegschaft besser zu schützen und die entsprechenden Maßnahmen sowie Richtlinien zur Eindämmung von COVID-19 einzuhalten. Die sogenannte Zonenkommissionierung hilft, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter innerhalb eines bestimmten Bereichs des Lagers zu halten, um Aufträge zu kommissionieren. Danach kommt die Ware zur Konsolidierung in einen zentralen Bereitstellungsbereich – stets unter Einhaltung ausreichender Abstände entlang einer Bereitstellungslinie. Zusätzlich sorgt auch der Einsatz von Technologien für sicherere Arbeitsbedingungen und eine schnellere Kommissioniergeschwindigkeit innerhalb bestimmter Zonen oder Abschnitte des Lagers: zum Beispiel die freihändige Kommissionierung per Sprache.
Fazit
Die alles entscheidende Anforderung an die Tiefkühl- und Frischelogistik lässt sich in wenigen Worten zusammenfassen: An oberster Stelle steht immer die zeitgerechte Bereitstellung der Ware, um den Bedarf unter Einhaltung höchster Qualitäts- und Sicherheitskriterien kosteneffizient zu decken. Dafür braucht es innovative und höchst zuverlässige Lösungen, die im Portfolio von SSI SCHÄFER enthalten sind. Erst sie ermöglichen es, die komplexen Herausforderungen, die durch neue Trends, gesetzliche Anforderungen und immer anspruchsvollere Verbraucher entstehen, erfolgreich zu meistern.
Über den Autor:
Andreas Wimmer ist Vice President Product Solutions bei SSI SCHÄFER. Er ist Absolvent der Technischen Universität Graz und seit 20 Jahren in der Intralogistik Branche tätig. Sein Schwerpunkt liegt in der Kombination von automatisierten Systemen mit den dazu passenden IT-Lösungen. Bei SSI SCHÄFER verantwortet er die Modularisierung und Standardisierung von Lösungen in der Business Unit Logistics Solutions.